07.07.2022

Bauzeitverlängerung: Wer haftet für Folgen und Mehrkosten?

Fehlerhafte Arbeiten, schlechtes Wetter oder nachträgliche Änderungswünsche: Viele Gründe zögern das Ende der Bauphase hinaus. Häufig entstehen höhere Kosten als ursprünglich kalkuliert. Wer zahlt? Dieser Artikel klärt, wann von Bauzeitverlängerung die Rede ist, welche Ansprüche daraus resultieren und wie man sich gegen eine Bauverzögerung absichern kann.

Was ist eine Bauzeitverlängerung?

Eine Bauzeitverlängerung (auch: Bauverzögerung) liegt vor, wenn die im Bauvertrag vereinbarte Bauzeit nicht eingehalten werden kann, weil eine Vertragspartei eine fällige Leistung nicht erbringt.

Mögliche Gründe für eine Bauzeitverlängerung: Wer haftet wann?

Welche Rechte Auftraggebende (ugs. Bauherren) bzw. das Bauunternehmen bei einer Bauverzögerung haben, hängt davon ab, wer diese zu verantworten hat:

Außerbetriebliche Ursachen vor Vertragsschluss

Einige Gründe für einen Bauverzug haben ihren Ursprung schon vor Vertragsschluss. Sind beispielsweise schlechtes Wetter oder mögliche Behinderungen durch Verkehr zu erwarten, muss das Bauunternehmen diese Faktoren in die Zeitkalkulation mit einbeziehen – und entsprechende Zeitreserven einplanen. Tut es dies nicht und hat dies eine Bauzeitverlängerung zur Folge, muss das Bauunternehmen für den Bauverzug haften.

Außerbetriebliche Ursachen nach Vertragsschluss

Verzögerungen, die vor Vertragsabschluss nicht vorhersehbar waren, fallen dagegen nicht in den Verantwortungsbereich des Bauunternehmens. Für die entstehenden Mehrkosten kann es nicht in Haftung genommen werden. Das gilt regelmäßig für die in § 6 Abs. 2 Nr. 1 VOB/B aufgeführten Gründe. Zu diesen zählen beispielsweise höhere Gewalt wie extreme Wetterlagen oder Streiks. Aber auch Fälle, in denen eine Behörde eine Genehmigung zu spät erteilt oder unerwartet abweichende Bodenverhältnisse auftreten, können dem Bauunternehmen nicht zugerechnet werden.

Hat das beauftragte Bauunternehmen den Bauverzug nicht zu vertreten, wird diesem per Gesetz eine Fristverlängerung eingeräumt (§ 6 Abs. 4 VOB/B). Sie bemisst sich anhand der Dauer der Behinderung und beinhaltet darüber hinaus eine Frist für die Wiederaufnahme der Arbeit sowie einen zusätzlichen Zuschlag, sofern sich die Bauzeit nach Ende der Behinderung in eine schlechtere Jahreszeit verschiebt.

Innerbetriebliche Ursachen

Meist eindeutig ist die Haftungsfrage bei Bauverzögerungen, die aufgrund von innerbetrieblichen Ursachen auftreten. Verspätete Materiallieferungen, schlecht geplante Arbeitsabläufe oder eine mangelhafte Personalplanung unterliegen der Verantwortung des zuständigen Bauunternehmens. Entsprechend muss dieses auch für die entstehenden Mehrkosten bei einer Bauzeitverlängerung aufkommen.

Haftung trotz Verzögerung durch Dritte

Grundsätzlich gilt: Hat das Bauunternehmen den Bauverzug nicht zu verschulden, besteht für die den Bau in Auftrag gebende Instanz kein Schadenersatzanspruch. Kommt es beispielsweise durch Fehler oder Lieferprobleme von Lieferanten zu Verzögerungen bei der Beschaffung von Baumaterialien, haftet das Bauunternehmen in der Regel nicht. Anders sieht es aus, wenn das Bauunternehmen seinerseits Subunternehmen beauftragt hat und diese schuldhaft die fristgerechte Fertigstellung verzögern. In solchen Fällen haftet nicht das Subunternehmen für den Bauverzug, sondern das beauftragende Bauunternehmen.

Gegen Bauverzögerung absichern: So geht es

Einige Bauunternehmen verzichten bewusst darauf, konkrete Termine im Bauvertrag zu vereinbaren. Das ist für Bauherren stets nachteilig. Aus diesem Grund sollte stets auf einen schriftlich fixierten und konkret benannten Bezugstermin geachtet werden – wie anhand dieses Beispiels deutlich wird:

Ungünstige Formulierung: Bezugsfertige Übergabe im Frühjahr 2022

Konkrete Formulierung: Bezugsfertige Übergabe bis spätestens 31. März 2022

Darüber hinaus ist es ratsam, im Bauvertrag Vertragsstrafen zu vereinbaren – für den Fall, dass Fertigstellungstermine nicht eingehalten werden. Zwar kann es sein, dass das Bauunternehmen den Gesamtpreis daraufhin etwas anhebt, diese Preiserhöhung ist aufgrund der potenziell entstehenden Mehrkosten jedoch vergleichsweise zu verschmerzen.

Bevor der Bauvertrag schlussendlich unterschrieben wird, sollte dieser unbedingt von einem Experten überprüft werden. Die DEURAG Privat-Rechtsschutzversicherung unterstützt bei der Suche nach einem kompetenten Rechtsbeistand und bietet die Möglichkeit einer Beratung zu Baurisiken.

Ansprüche bei Bauzeitverlängerung: Schadenersatz und Kostenübernahme

Gerät ein Bauunternehmen in Bauverzug entstehen in der Regel erhebliche Mehrkosten. Fallen die Gründe für den Bauverzug in den Verantwortungsbereich des zuständigen Bauunternehmens, hat die auftraggebende Person – je nach Einzelfall – Anspruch auf:

  • Schadenersatz
  • Kostenübernahme für eine Ersatzwohnung, sofern benötigt
  • Kostenerstattung für den Umzug in die Ersatzwohnung inkl. anfallender Maklergebühren

 

Ein Anspruch auf Schadenersatz besteht jedoch nur dann, wenn die Voraussetzungen des Verzugs i.S.d. § 286 BGB erfüllt sind. Demnach kommt das Bauunternehmen erst in Verzug, wenn es die vereinbarten Leistungen trotz Mahnung durch die auftraggebende Person nicht fristgerecht erbracht hat.

Im Streitfall liegt die Beweislast beim Bauunternehmen. Es muss beweisen, dass es den Bauverzug nicht schuldhaft herbeigeführt hat.

Allerdings kann auch das Bauunternehmen seinerseits Schadenersatzansprüche gegenüber der auftraggebenden Person haben. Beispielsweise dann, wenn diese ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, indem sie wichtige Dokumente nicht rechtzeitig vorlegt.

Bauzeitverlängerung: Berechnung der Mehrkosten

Auch bei Änderungswünschen seitens der Bauherren entstehen Mehrkosten. Diese sind zu berechnen, sobald die ursprüngliche Kalkulation offengelegt und die neue Bauzeit vertraglich fixiert wurde.

Bei einer Berechnung der Mehrkosten durch Mengenänderung werden gem. § 2 Abs. 3 VOB ausschließlich Mehr- oder Minderkosten unter 10 Prozent berücksichtigt.

Die Leistungsänderung umfasst gem. § 2 Abs. 5 VOB alle Kosten, die durch die Änderung des Bauentwurfs nach Vertragsschluss entstehen. Dazu zählen beispielsweise Material-, Geräte- und Personalkosten.

Darüber hinaus fließen etwaige Zusatzleistungen in die Mehrkosten-Kalkulation ein. Darunter fallen alle Leistungen, die weder im Leistungsverzeichnis noch in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/C) enthalten sind – mit Ausnahme von Leistungen, die gemäß der allgemeinen technischen Vertragsbedingungen zum gewöhnlichen Leistungsumfang gehören.


Der eingestellte Blog-Beitrag wurde von unserer Partnerkanzlei ALEGOS Rechtsanwälte juristisch überprüft.

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