09.04.2018 – zuletzt aktualisiert am: 28.09.2023
Eigenbedarfskündigung: Fristen, Voraussetzungen & Abläufe
Die Kündigung eines Mietverhältnisses durch die Vermieterin oder den Vermieter erfordert stichhaltige und gesetzlich anerkannte Gründe. Ein häufig angeführter Grund ist der Eigenbedarf, bei dem der Vermieter oder die Vermieterin die Immobilie für eigene Zwecke nutzen möchte. Doch nicht jede Eigenbedarfskündigung ist automatisch rechtens. Es gibt klare Vorgaben und Formalitäten, die beachtet werden müssen, um die Kündigung rechtskräftig zu gestalten.
Zudem haben Mieterinnen und Mieter bestimmte Rechte, die in solchen Fällen gewahrt bleiben müssen. Dieser Artikel beleuchtet die Feinheiten der Eigenbedarfskündigung und gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen.
Das Wichtigste zur Eigenbedarfskündigung
Wer kann Eigenbedarf anmelden?
Eigenbedarf darf nur für den Vermieter oder die Vermieterin, nahe Verwandte, aber auch sonstige Angehörige des Haushalts angemeldet werden. Insbesondere Pflege- und Hauspersonal zählt zu den Haushaltsangehörigen, wenn die Vermieterin bzw. der Vermieter deren Hilfe bedarf.
Welche Kündigungsfristen gelten bei einer Eigenbedarfskündigung?
Bei einer ordentlichen Kündigung sind die gesetzlichen Kündigungsfristen gem. § 573c BGB einzuhalten. Diese findet man in der Regel auch im Mietvertrag schriftlich fixiert. Diese sind:
- Mietdauer bis 5 Jahre: 3 Monate
- Mietdauer über 5 Jahre: 6 Monate
- Mietdauer über 8 Jahre: 9 Monate
Kann bei einer Eigenbedarfskündigung Widerspruch eingereicht werden?
Mieter und Mieterinnen haben generell das Recht bis spätestens zwei Monate vor dem Auszugstermin Widerspruch einzulegen. Die Aussicht auf Erfolg ist besonders bei unwirksamen Eigenbedarfskündigungen gut.
Eine Rechtsschutzversicherung für Mieter kann Betroffene Unterstützung bieten.
Weiterführende Informationen in diesem Beitrag:
- Voraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung
- Eigenbedarfskündigung widersprechen
- Schadenersatz bei einer Eigenbedarfskündigung
Was ist eine Eigenbedarfskündigung?
Eine Eigenbedarfskündigung ist eine spezielle Form der Kündigung eines Mietverhältnisses durch die Vermieterin oder den Vermieter. Sie kommt zum Einsatz, wenn die vermietete Wohnung für sich selbst, für Familienangehörige oder Angehörige seines Haushaltsnahe Angehörige benötigt wird. Die Vermieterin bzw. der Vermieter muss in diesem Fall nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB einen berechtigten Grund vorweisen können, warum er oder sie die Wohnung benötigt.
Eigenbedarfskündigung: Voraussetzungen laut Gesetz
Wegen Eigenbedarf kündigen kann nur eine natürliche Person. Einer Wohnbaugesellschaft, einer GmbH oder auch eines Vereins steht das Mittel der Eigenbedarfskündigung nicht zur Verfügung. Zudem muss der Eigenbedarf nicht nur angemeldet, sondern auch begründet werden.
Es reicht nicht aus anzugeben, dass eine Wohnung zur Eigennutzung benötigt wird - es muss auch klargestellt werden, warum für die Person, die einziehen soll, keine anderen Möglichkeiten offenstehen oder warum dies unzumutbare, finanzielle Nachteile für sie hätte. Bei Eigenbedarfskündigungen für gewerbliche Zwecke, etwa ein Büro, sind die Anforderungen strenger. Hier muss die Vermieterin bzw. der Vermieter konkrete Nachteile aufzeigen, die durch die Nichtnutzung der Wohnung entstehen.
Formale Voraussetzungen einer Eigenbedarfskündigung:
- Die Kündigung wegen Eigenbedarf muss schriftlich erfolgen.
- Sie muss sich an alle Mieterinnen und Mieter der Wohnung richten.
- Die einziehende Person, das Verwandtschaftsverhältnis zur vermietenden Person oder die Funktionsbezeichnung der oder des Haushaltsangehörigen muss angegeben werden.
- Der Grund, warum für diese Person Eigenbedarf angemeldet wird, muss nachvollziehbar dargestellt werden.
- Auch der Termin für die Anmeldung des Eigenbedarfs muss begründet werden.
- Es muss auf das gesetzliche Widerspruchsrecht der Mietparteien hingewiesen werden.
- Die gesetzlichen Kündigungsfristen sind einzuhalten.
Eigenbedarfskündigung: Gründe für das Kündigungsschreiben
Legitime und regelmäßig anerkannte Gründe für eine Eigenbedarfskündigung sind unter anderem:
- Ein beruflicher Wechsel, der dazu führt, dass eine der begünstigten Personen eine Unterkunft in der Nähe des neuen Arbeitsortes benötigt.
- Wenn ein Kind das Zuhause der Eltern verlässt, um in einer anderen Stadt zu studieren oder eine Ausbildung zu beginnen und die betreffende Wohnung nahe des Studien- oder Ausbildungsortes liegt.
- Eine Trennung vom Lebenspartner oder der Lebenspartnerin.
- Gesundheitliche Faktoren, beispielsweise wenn aufgrund einer Behinderung oder des fortschreitenden Alters ein begünstigter Verwandter in eine barrierefreie Unterkunft umziehen muss.
Für wen darf Eigenbedarf angemeldet werden?
Eine rechtssichere Begründung für eine Kündigung wegen Eigenbedarf ist nur gegeben, wenn die Vermieterin oder der Vermieter die Wohnung für sich selbst, einen nahen Verwandten oder eine andere angehörige Person benötigt. Allerdings muss gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB der Eigenbedarf belegt werden. Zu den nahen Verwandten zählen:
- Kinder
- Stiefkinder
- Enkel
- Eltern
- Großeltern
- Geschwister (BGH, 09.07.2003, Az. VIII ZR 276/02)
- Nichten und Neffen
- Ehegatten und eingetragene Lebenspartnerschaften
- Schwiegereltern
- Haushaltshilfen
- Pflegepersonal
- Hausmeisterin oder Hausmeister und ähnliches Personal
Entferntere Angehörige sind dagegen kein Grund für eine Eigenbedarfskündigung, dazu zählen:
- Onkel
- Cousin, Cousine
- Großnichte, -neffe
- Geschiedene Eheleute
- Eltern oder Kinder der Lebenspartnerin bzw. des Lebenspartners
- Patenkinder
- Bei Schwager und Schwägerin gibt es unterschiedliche Rechtsprechungen, abhängig vom Verhältnis, das zu der betreffenden Person besteht (BGH, 03.03.2009, Az. VIII ZR 247/08).
Eigenbedarf: Kündigungsfristen sind einzuhalten
Folgende Kündigungsfrist bei Eigenbedarf gilt für Vermieterinnen und Vermieter:
Dauer des Mietverhältnisses | Kündigungsfrist |
weniger als 5 Jahre | 3 Monate |
zwischen 5 und 8 Jahren | 6 Monate |
länger als 8 Jahre | 9 Monate |
Eigenbedarfskündigung nach Kauf
Ein Sonderfall sind Wohnungen, die zu Eigentumswohnungen umgewandelt wurden. Dort kann die Eigenbedarfskündigung erst frühestens drei Jahre nach der Umwandlung der Miet- in eine Eigentumswohnung ausgesprochen werden. In manchen Städten erhöht sich diese Frist sogar auf zehn Jahre. Deshalb sollte man im Voraus bei der Stadt selbst oder dem entsprechenden Mieterverein nachfragen, wie die Rechtslage am betreffenden Wohnort ist.
Eigenbedarfskündigung und Rechte der Mieter
Welche Rechte haben Mietparteien bei Eigenbedarfskündigung? Mietparteien haben die Möglichkeit, der Eigenbedarfskündigung zu widersprechen und sogar Schadensersatz zu verlangen, wenn sich etwa erst später herausstellt, dass die Eigenbedarfskündigung unrechtmäßig war. Auch eine eventuelle Räumungsklage können Mieterinnen und Mieter anfechten. Ein Überblick:
Eigenbedarfskündigung widersprechen: Wann ist eine Eigenbedarfskündigung unwirksam?
Mietparteien können bis spätestens zwei Monate vor dem vorgesehenen Auszugsdatum oder dem Ende der Kündigungsfrist der Eigenbedarfskündigung widersprechen.
Eine Kündigung wegen Eigenbedarf kann unter folgenden Umständen unwirksam sein:
- Formalien wie Schriftform, Anschrift und Namen oder die Gründe fehlen oder sind nicht korrekt.
- Kündigungsfristen wurden nicht eingehalten.
- Die Wohnung eignet sich für den angegeben Zweck nicht.
- Der Vermieter oder die Vermieterin ist im Besitz von weiteren Wohnungen im Haus, die genutzt werden könnten.
- Die Wohnung soll nur vorrübergehend genutzt werden.
- Der Wohnungsbedarf war absehbar oder bestand bereits, als der Mietvertrag unterzeichnet wurde.
Bei unzumutbaren Härten für Mieterin oder Mieter kann eine Kündigung wegen Eigenbedarf unwirksam sein. Dieses Widerspruchsrecht ist im § 574 BGB, auch als Sozialklausel oder Härteklausel bekannt, festgelegt.
Was sind Härtefälle bei einer Eigenbedarfskündigung? Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn von der Kündigung ältere Menschen, Menschen mit Behinderung, Schwangere oder Kranke betroffen sind. In solchen Fällen kann man der Kündigung wegen Eigenbedarf mit guten Gründen widersprechen. Auch wenn die Vermieterin bzw. der Vermieter auf die Kündigung besteht und der Streit vor Gericht geht, bestehen dort Chancen, dass diese vom Gericht bei einem solchen Härtefall nicht anerkannt wird.
Vorgehen nach einer Kündigung wegen Eigenbedarf
Erhalten Mietparteien eine Eigenbedarfskündigung, spielt das richtige Vorgehen eine wichtige Rolle. An dieser Checkliste kann man sich nach Erhalt der Kündigung orientieren:
- Prüfung von allen rechtlichen Möglichkeiten.
- Inanspruchnahme von Hilfe bei einem Mieterverein und/oder einem auf Mietrecht spezialisierten Rechtsbeistand.
- Der Kündigung wegen Eigenbedarf widersprechen, wenn Hinweise auf eine unberechtigte Eigenbedarfskündigung vorliegen oder ein Härtefall besteht.
- Versuch der Einigung mit der Vermietung, wenn die außergerichtlichen Möglichkeiten zum Widerspruch ausgeschöpft wurden.
- Der letzte Schritt ist schließlich die rechtliche Prüfung der Gründe einer Kündigung wegen Eigenbedarf. Auch vor Gericht kann man das Widerspruchsrecht nach Sozialklausel geltend machen und möglicherweise Recht bekommen.
Hinweis: Eine Eigenbedarfskündigung kann oft zu komplexen rechtlichen Streitigkeiten führen, bei denen die Unterstützung eines Rechtsbeistandes notwendig wird. Die Kosten für rechtliche Beratung und mögliche Gerichtsverfahren können dabei leicht in die Höhe schnellen. Mit einer Rechtsschutzversicherung sind Mieterinnen und Mieter finanziell abgesichert und können ihre Rechte gegenüber dem Vermieter effektiv durchsetzen, ohne sich Sorgen über hohe Anwalts- und Gerichtskosten machen zu müssen.
Räumungsklage bei Eigenbedarf: Was Mietparteien tun können
Einigen sich Mietpartei und vermietende Person und die Eigenbedarfskündigung kann auch rechtlich nicht zu Fall gebracht werden, dann heißt das nicht, dass man sofort nach Ende der gesetzlichen Kündigungsfrist die Mietwohnung räumen muss. Wer keine passende Wohnung findet, kann unter Umständen Anspruch auf eine Alternative haben, sofern die Vermieterin bzw. der Vermieter weitere, verfügbare Wohnungen besitzt.
Klappt auch das nicht, kann die Eigentümerin bzw. der Eigentümer die Wohnung nicht auf eigene Faust räumen oder räumen lassen. Es muss zunächst eine Räumungsklage angestrengt und diese auch gewonnen werden. Erst wenn ein rechtsgültiger Titel erworben wurde, kann ein Gerichtsvollzieher mit der Zwangsräumung der Wohnung beauftragt werden.
Schadenersatzansprüche bei unrechtmäßiger Eigenbedarfskündigung
Wurde eine Eigenbedarfskündigung akzeptiert und im Nachhinein ein vorgetäuschter Eigenbedarf festgestellt, etwa wenn die Person, die einziehen sollte, nun doch nicht einzieht, dann besteht gegebenenfalls Anspruch auf Schadenersatz. Gelingt es Vermieterinnen bzw. Vermietern nicht, plausibel darzulegen, warum der Eigenbedarf nachträglich entfallen ist, müssen diese in der Regel für eventuell höhere Mietkosten, Umzugskosten und Maklergebühren Schadenersatz leisten. Dabei gelten gem. strenge Anforderungen, vgl. Az. VIII ZR 44/16.
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