01.10.2019 – zuletzt aktualisiert am: 11.04.2022

Gefälligkeitsschäden – Wer zahlt den entstandenen Schaden?

Ein Moment der Unachtsamkeit und schon sind sie passiert: Gefälligkeitsschäden unter Freunden, Familien und Bekannten. Doch was genau ist ein Gefälligkeitsschaden, wer kommt für einen entstandenen Schaden auf und welche Rolle spielt die Haftpflichtversicherung bei der Schadensregulierung?

Was sind Gefälligkeitsschäden? - ­Beispiele aus der Praxis

Der Gefälligkeitsschaden ist ein Begriff aus dem Versicherungswesen. Er bezeichnet einen Schaden, welcher bei der Ausführung einer Gefälligkeit entstanden ist. Bei einer Gefälligkeit hilft eine Person der anderen freiwillig und unentgeltlich aus – so, wie es oft bei Freunden oder der Familie der Fall ist. Die erbrachte Leistung unterliegt also keinem rechtlichen Vertrag. Klassische Gefälligkeitsschäden sind Schäden, die im Rahmen von Nachbarschaftshilfen oder Freundschafts- und Familiendiensten entstanden sind.

Typische Beispiele für einen Gefälligkeitsschaden sind:

  • Umzugsarbeiten

Zerkratzt beispielsweise ein freiwilliger Umzugshelfer den Boden einer Wohnung oder lässt er beim Transport den Fernseher eines Freundes fallen, so verursacht er einen Gefälligkeitsschaden.

  • Nachbarschaftshilfe

Auch wenn sich jemand während der Abwesenheit eines Freundes um dessen Wohnung kümmert und dabei ohne Vorsatz Schäden verursacht, spricht das Versicherungswesen von Gefälligkeitsschäden.

  • Freundschafts- und Familiendienst

Stößt jemand beim Blumengießen die Vase des Nachbarn um, muss er für den entstandenen Schaden in der Regel nicht aufkommen, weil es sich um einen Gefälligkeitsschaden handelt.

Haftung bei Gefälligkeit: Was sagt das Gesetz?

Grundsätzlich hat der Verursachende eines Schadens für dessen Folgen einzustehen. Entsprechende Regelungen trifft der § 823 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Anders sieht es jedoch bei Schäden aus, welche aus einer Gefälligkeit heraus entstehen. Mit einem Dienst aus Gefälligkeit geht eine stillschweigende Haftungsbeschränkung zwischen den einzelnen Beteiligten einher. Die Abgrenzung der Gefälligkeit zu einem Auftrag erfolgt anhand des Rechtsbindungswillens. Die durch die Rspr. hierzu entwickelten Kriterien sind u.A. die wirtschaftliche Bedeutung, ob sich auf die Zusage verlassen wird und ob erhebliche Werte auf dem Spiel stehen.

Wichtig: Eine aus einem Gefälligkeitsverhältnis resultierende Haftungsbeschränkung ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • der Schaden darf nicht vorsätzlich verursacht worden sein
  • der Schadenverursacher hat die eigenübliche Sorgfalt beachtet gem. § 277 BGB

 

Bei einem eingetretenen Schaden kommt es also darauf an, ob dieser vom Verursachenden leicht oder grob fahrlässig verursacht wurde. Bei Schäden, die durch leichte Fahrlässigkeit verursacht wurden, greift der stillschweigende Haftungsausschluss. Dieser besagt, dass Schadenverursachende nicht haften müssen, wenn ein Schaden durch leichte Unaufmerksamkeit unabsichtlich hervorgerufen wurde.

Schaden durch grobe Fahrlässigkeit: Beispiele

Anders sieht es bei Schäden aus, die durch grobe Fahrlässigkeit verursacht wurden:

Beispiel 1: Überschwemmung

  • Nach dem Auffüllen der Gießkanne wird vergessen, den Wasserhahn zu schließen, was die komplette Überschwemmung der Nachbarwohnung zur Folge hat.

 

Beispiel 2: Diebstahl

  • Jemand lässt über Stunden die Wohnungstür eines Nachbarn offenstehen, so dass Diebe leichtes Spiel haben.

 

Ein Gericht kann in diesen Fällen durchaus zu dem Ergebnis kommen, dass ein grob fahrlässiges Handeln vorliegt. In diesem Fall hat der Nachbar Anspruch auf Schadenersatz. Der Verursachende muss in diesen Fällen für die eingetretenen Schäden haften.

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Gefälligkeitsschäden: Wann übernimmt die Haftpflichtversicherung die Kosten?

Grundsätzlich übernimmt eine private Haftpflichtversicherung Schäden, die Dritten entstehen. Im Falle eines Gefälligkeitsschadens gelten jedoch spezifische Regelungen bei der Schadensregulierung.

Kostenübernahme bei grober Fahrlässigkeit

Wird ein Schaden grob fahrlässig hervorgerufen, tritt die Haftpflichtversicherung für die entstandenen Kosten ein, sofern in der Police Schäden durch Gefälligkeiten mitversichert sind. Viele Versicherungen bieten entsprechende Tarife an. Es ist beim Abschluss unbedingt auf die richtige Versicherungssumme zu achten. Diese sollte Sach-, Personen- und Vermögensschäden von mindestens 5 Millionen Euro enthalten, um Versicherungsnehmenden einen ausreichenden Schutz zu bieten.

Keine Kostenübernahme bei leichter Fahrlässigkeit oder vorsätzlichen Schäden

Bei vorsätzlichen Schäden müssen Versicherungen keinen Schadenersatz zahlen, bei einem leicht fahrlässig herbeigeführten Schaden greift der Haftungsausschluss – den Verursachenden trifft keine Schuld und demnach besteht auch keine Schadenersatzpflicht. Der bzw. die Geschädigte bleibt in einem solchen Fall also auf den Kosten sitzen.

Was ist, wenn ein Tier Schäden verursacht?

Für Schäden, die Haushütenden durch die Haustiere ihres Nachbarn bzw. ihrer Nachbarin entstehen, haftet zunächst grundsätzlich der Tierhaltende. Verfügt diese Person über eine Privathaftpflichtversicherung mit entsprechender Haustier-Klausel oder über eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung, übernimmt diese die Schadenersatzkosten.

Erleiden Haushütende jedoch Schaden durch ein Nutztier, beispielsweise durch einen Hund, der den Hof bewacht, so gilt es für die Haftung zunächst die Schuldfrage zu klären. War der Vierbeiner nicht korrekt angeleint, hafteten Tierhaltende im Zuge des fahrlässigen Handelns. Ist dem Halter oder der Halterin des Tieres jedoch kein grob fahrlässiges Handeln nachzuweisen, haben Geschädigte keinen Anspruch auf Schadenersatz.


Dieser Blog-Beitrag wurde von unserer Partnerkanzlei ALEGOS auf rechtliche Korrektheit überprüft.

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