18.02.2021

Sammelklage: Definition und Rechtslage in Deutschland

Alle für einen, einer für alle: Als zivilrechtliche Klage entscheidet die Sammelklage nicht nur über die Ansprüche eines Klägers, sondern auch über jene weiterer Personen, die in gleicher Weise vom gegenständlichen Sachverhalt betroffen sind. Doch was genau ist eigentlich eine Sammelklage? Welche Prozessformen werden unter diesem Begriff zusammengefasst und welche Vor- bzw. Nachteile hat diese Form der Prozessführung?

Was ist eine Sammelklage? Definition und Formen

Der Begriff „Sammelklage“ stammt ursprünglich aus den USA. Die dort als „class action“ bezeichnete Prozessform zeichnet sich dadurch aus, dass bei einer erfolgreichen Klage neben dem eigentlichen Kläger alle Personen gewinnen, die von demselben Sachverhalt betroffen sind. Weitere Betroffene müssen nicht selbst klagen, sondern lediglich nachweisen, dass sie der Gruppe angehören.

Im deutschen Zivilrecht existieren verschiedene Prozessformen, die der Sammelklage ähneln.

Streitgenossenschaft/subjektive Klagenhäufung

Stehen auf Kläger- oder Beklagtenseite mindestens noch eine weitere Person, wird dies als Streitgenossenschaft bzw. subjektive Klagenhäufung bezeichnet. Die gesetzliche Grundlage bilden §§59 ff. ZPO.

Bei mehreren Klägern, die eine Gemeinschaft bilden, spricht man von einer aktiven Streitgenossenschaft. Stehen auf der Beklagtenseite mehrere Personen, ist dies eine passive Streitgenossenschaft.

Prozessverbindung

Werden mehrere verwandte Prozesse auf richterliche Entscheidung hin zusammengelegt, entsteht eine sogenannte Prozessverbindung gem. § 147 ZPO. In allen Prozessen muss es um dieselben Rechts- und Tatfragen gehen.

Verbandsklage

Die Verbandsklage als Form der sogenannten Popularklage ist vor allem im Umweltrecht von Bedeutung. Sie liegt dann vor, wenn Verbände und Vereine gegen die Verletzung von Rechten der Allgemeinheit klagen, ohne selbst in ihren Rechten verletzt worden zu sein. So können beispielsweise anerkannte Umweltvereinigungen nach § 2 UmwRG einen so genannten Umwelt-Rechtsbehelf erheben und bestimmte behördliche Entscheidungen (§ 1 Abs. 1 UmwRG) gerichtlich auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen.

Musterfeststellungsklage

Seit November 2018 existiert in Deutschland die Möglichkeit einer Musterfeststellungsklage. Dabei übernehmen Verbraucherverbände die Klage für eine Vielzahl von Betroffenen. Der einzelne Geschädigte muss nicht mehr Schadenersatz fordern. Folgende Verbände und Vereine dürfen derzeit eine Musterfeststellungsklage einreichen:

  • VZBV (Verbraucherzentrale Bundesverband)
  • Verbraucherzentralen
  • Schutzgemeinschaft für Bankkunden
  • Bund der Versicherten
  • ADAC

 

Das Prozessrisiko sowie die Prozesskosten trägt der Klage erhebende Verband bzw. Verein.

Sammelklage in Deutschland erheben – das Beispiel Volkswagen

Ein populäres Beispiel für eine Sammelklage – präzise: eine Musterfeststellungsklage – ist die VW-Abgasaffäre. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hatte am. 1 November 2018 gemeinsam mit dem Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (kurz: ADAC) eine Musterfeststellungsklage gegen den deutschen Autohersteller Volkswagen eingereicht. Das Ziel: Die Feststellung, es sei durch den Konzern zu einer vorsätzlichen Schädigung der Käufer gekommen. Dieser Klage konnten sich alle Geschädigten anschließen.

Das Verfahren endete mit einem Vergleich: Am 30. April 2020 wurde die Klage nach einer Entschädigungszahlung des Konzerns an mehr als 240.000 Betroffene zurückgenommen.

Sammelklage einreichen: Die Vor- und Nachteile

Durch das Erheben eines Musterverfahrens wird die Verjährung der Ansprüche gem. § 203 BGB gehemmt. Verhandlungen zwischen Schuldner und Gläubiger werden in die Verjährungsfrist nicht mit eingerechnet (§ 209 BGB).

Zudem tragen Verbraucher, die sich einer Sammelklage anschließen, kein Prozesskostenrisiko – ein Vorteil, von dem vor allem Personen ohne Rechtsschutzversicherung profitieren.

Ein Musterverfahren hat jedoch auch Nachteile. Es dauert häufig länger als eine Individualklage. Zudem muss der persönliche Schadenersatzanspruch nach wie vor individuell mithilfe eines Rechtsbeistandes durchgesetzt werden.


Dieser Blog-Beitrag wurde von unserer Partnerkanzlei VETO Rechtsanwaltsgesellschaft mbH auf rechtliche Korrektheit überprüft.

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