06.08.2018

Unterlassene Hilfeleistung – wie verhalten Sie sich richtig?

Gaffer, die die Arbeit von Rettungskräften behindern oder der Radfahrer, der bei einem verunfallten Motorradfahrer anhält – allerdings nicht, um zu helfen, sondern um den Verletzten zu filmen – all das ist entsetzlicher Voyeurismus und schockiert uns. Aber soweit muss man gar nicht gehen. Wozu sind Sie eigentlich verpflichtet, wenn jemand beispielsweise nach einem Unfall Hilfe braucht und wo fängt unterlassene Hilfeleistung an?

Der Begriff „Unterlassene Hilfeleistung“ wird im Strafgesetzbuch (StGB) in § 323c ganz klar als Straftat definiert. Es heißt: „Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“

Wie wird unterlassene Hilfeleistung bestraft?

Es ist also strafbar, bewusst wegzuschauen und vorzugeben, man hätte den Unglücksfall nicht bemerkt. Unter dem Rechtsbegriff „Unglücksfall“ versteht man übrigens plötzlich auftretende Ereignisse, die eine erhebliche Gefahr darstellen wie z. B. Unfälle im Straßenverkehr, unmittelbar drohende Gewalttaten oder ähnliches. Das Strafmaß für unterlassene Hilfeleistung ist vergleichsweise niedrig, da es sich um einen sogenannten Auffangtatbestand handelt. Der Auffangtatbestand ist eine allgemeinere Gesetzesvorschrift und wird angewandt, wenn keine spezielleren Gesetze greifen. Es wird also „nur“ Ihr pflichtvergessenes Verhalten bestraft wird. Geahndet wird unterlassene Hilfeleistung mit

  • einer Geldstrafe oder
  • mit einer Freiheitsstrafe oder
  • mit bis zu drei Punkten im Flensburger Verkehrszentralregister, wenn der Unglücksfall im Verkehrsrecht anzusiedeln ist.

 

Je nach Ausmaß und Schwere der unterlassenen Hilfeleistung kann das Strafmaß aber auch höher ausfallen. Besonders, wenn dadurch, dass Sie nicht geholfen haben, der Schaden der in Not geratenen Person noch größer wird. Es gibt sogar Fälle, die neben dem Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung in einem Strafprozess noch gesondert nach weiteren Straftatbeständen geahndet werden – z. B. bei Folgen wie schwerer Körperverletzung oder wenn es um unterlassene Hilfeleistung mit Todesfolge geht.

Ihr unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, also wenn Sie Fahrerflucht begehen, kann übrigens zusätzlich den Tatbestand der unterlassenen Hilfeleistung mit sich führen – besonders, wenn Personen zu Schaden gekommen sind und Sie nicht geholfen haben.

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Welche Hilfeleistung ist zumutbar?

Sie unterliegen einer Handlungspflicht und müssen versuchen, zu helfen, ansonsten begehen Sie ein Vorsatzdelikt wegen unterlassener Hilfeleistung und es droht Strafe. Wenn Sie beispielsweise Zeuge eines Verkehrsunfalls sind, sind Sie zur Hilfe verpflichtet. Ihr Verhalten bei Unfällen hängt vom Einzelfall ab. Verliert ein Motorradfahrer, der vor Ihnen auf der Straße fährt, die Kontrolle über seine Maschine und prallt gegen einen Baum, sind Sie in der Pflicht, anzuhalten und zu schauen, ob Sie direkt helfen können. Weiterfahren ist keine Option. Auf jeden Fall sollten Sie aber sofort die Polizei rufen, wenn Sie ein Mobiltelefon dabeihaben. Auch das Anhalten von anderen Verkehrsteilnehmern ist sinnvoll, damit sie gemeinsam Hilfe leisten können.

In manchen Fällen ist aber genau abzuwägen, wie Sie helfen. Vor allem, wenn Sie sich dabei selbst in Gefahr begeben könnten. Stellen Sie sich vor, Sie sind nachts allein mit Ihrem Auto auf einer unbefahrenen Straße unterwegs und plötzlich liegt vor Ihnen jemand auf der Fahrbahn. Ein Autounfall – was tun? Im Normalfall würden Sie sofort erste Hilfe leisten. Es ist hier allerdings ratsam, nicht anzuhalten und auszusteigen, sondern weiterzufahren und nach einem gewissen Abstand zum Unfallort die Polizei zu informieren. Es könnte nämlich sein, dass der Unfall nur vorgetäuscht wurde und Sie Opfer eines Verbrechens werden könnten.

Auch bei Raubüberfällen oder Prügeleien kann es sein, dass heldenhafte Zivilcourage nicht angebracht ist, wenn Sie dadurch sich und auch andere gefährden – niemand würde Sie der unterlassenen Hilfeleistung bezichtigen. Ein guter und meist effektiver Weg ist immer, sich Hilfe zu suchen. Sprechen Sie andere Menschen an und fordern diese auf, Ihnen zu helfen – gemeinsam strahlen Sie Stärke aus und allein das kann sich positiv auf die Situation auswirken. Als zumutbare Hilfeleistung gilt eigentlich alles, was Ihre psychischen als auch physischen Kräfte nicht übersteigt und Sie sich beim Helfen nicht selbst in Gefahr begeben.

Gehen Sie mit gutem Beispiel voran

Es muss nicht immer die Wiederbelebung eines Bewusstlosen oder das beherzte Eingreifen bei einem handgreiflichen Streit sein – Hilfeleistung fängt oft schon im Kleinen an. So sollten Sie immer daran denken, dass Sie sich bei einem Stau auf der Autobahn gleich so mit Ihrem Fahrzeug platzieren, dass eine Rettungsgasse entsteht. Andere werden es Ihnen gleichtun. Übrigens kann das Zustellen eines Rettungsweges bereits eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung bedeuten. Seien Sie achtsam und sprechen Sie auf der Straße einen Menschen an, wenn er verwirrt und hilfebedürftig erscheint. Fragen Sie, ob Sie etwas für ihn tun können. So gehen Sie mit gutem Beispiel voran – man wird es Ihnen danken!


Dieser Blog-Beitrag wurde von unserer Partnerkanzlei Alege auf rechtliche Korrektheit überprüft.

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