17.01.2022

Verwertungskündigung: Das müssen Mietende & Vermietende wissen

Wenn Mietende ihre Miete pünktlich zahlen und sich an die Vereinbarungen im Mietvertrag halten, kann ihnen nur in Ausnahmefällen gekündigt werden. Einer dieser Fälle ist die Verwertungskündigung. Sie kommt in Betracht, wenn ein Fortsetzen des Mietverhältnisses für Vermietende zu erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führt. Doch welche Gründe rechtfertigen diese Art der Kündigung? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und wie können sich Mietende gegen eine unwirksame Verwertungskündigung wehren?

Verwertungskündigung: Definition

Eine Verwertungskündigung gibt Vermietenden die Möglichkeit, ein bestehendes Mietverhältnis dann zu beenden, wenn die Vermietung der Wohnung/des Hauses wirtschaftlich nicht mehr rentabel ist. Die gesetzliche Grundlage bildet § 573 Abs. 2 Nr.3 BGB. Darin heißt es:

„Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde.“

Verwertungskündigung: Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Möchte ein Vermieter bzw. eine Vermieterin eine Verwertungskündigung aussprechen, müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Der Eigentümer bzw. die Eigentümerin möchte die Immobilie anderweitig verwerten: Diese Absicht können der Verkauf, die grundlegende Sanierung bzw. Modernisierung oder der Abriss einer Immobilie sein.

2. Die andere Verwertung ist angemessen: Eine andere Verwertung ist angemessen, sofern sie von vernünftigen, nachvollziehbaren Gründen getragen wird (vgl. BGH NJW 2011, 1135).

3. Der Vermieter bzw. die Vermieterin ist durch den Mietvertrag an dieser anderen Verwertung gehindert: Das Mietverhältnis muss dieser anderen Verwertung entgegenstehen.

4. Durch diese Hinderung entstehen dem Eigentümer bzw. der Eigentümerin wirtschaftliche Nachteile: Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Immobilie verkauft werden soll, aber alle Kaufwilligen nur Interesse an einer geräumten Immobilie bekunden.

Wichtig: Ist nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Kündigung des Mietverhältnisses unwirksam.

Verwertungskündigung: Mögliche Gründe

Grundsätzlich gilt: Der Zweck einer Verwertungskündigung muss stets in einer wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks liegen. Aus dieser Prämisse ergeben sich eine Reihe von Gründen, die eine Verwertungskündigung rechtfertigen. Zum Beispiel eine Verwertungskündigung wegen:

  • Verkauf der Immobilie
  • Sanierung der Immobilie
  • Abriss der Immobilie (Abrisskündigung)


Wichtig ist, dass die wirtschaften Nachteile durch die Vermietung dem Vermieter bzw. der Vermieterin nicht mehr zumutbar sind oder die Vermietung die wirtschaftliche Verwertung tatsächlich verhindert (vgl. Urteil LG Potsdam, Az.: 4 S 163/11).

Ein Beispiel:
Ein Vermieter kündigt seinen Mietern mit der Begründung, die Immobilie solle wegen Erbstreitigkeiten verkauft werden und die Vermietung mindere den Verkaufswert. Eine Verwertungskündigung
wäre nur zulässig, wenn der Verkaufserlös tatsächlich so niedrig ist, dass der Verkauf wirtschaftlich sinnlos ist. Eine geringe Minderung des Verkaufserlöses jedoch (z.B. in Höhe von 5 %) rechtfertigt keine Verwertungskündigung.

Auch umfangreiche Sanierungs- oder Modernisierungsarbeiten berechtigen Vermietende zunächst nicht zu einer Verwertungskündigung. Der Grund: Diese sind Teil der Instandhaltungspflicht und von Mietenden zu dulden. Können Vermietende jedoch nachweisen, dass die Mietparteien zur Durchführung der Arbeiten ihre Wohnungen verlassen müssen, wäre eine Verwertungskündigung aufgrund einer „Kernsanierung“ zulässig.

Bei einer Abrisskündigung gilt: Der Abriss ohne anschließende Neuerrichtung stellt keine wirtschaftliche Verwertung dar (BGH-Urteil, Az.: VIII ZR 188/03). Vielmehr müssen Vermietende glaubhaft nachweisen, dass eine wirtschaftliche Verwertung nach dem Abriss – beispielsweise einen Neubau – angestrebt wird.

Verwertungskündigung unterliegt Fristen

Eine Verwertungskündigung kann ausschließlich mit einer ordentlichen Kündigungsfrist ausgesprochen werden. Die Länge der Frist ergibt sich aus § 573c Abs. 1 BGB und beträgt bei einer Dauer des Mietverhältnisses:

  • bis zu 5 Jahren: 3 Monate
  • von mehr als 5 Jahren: 6 Monate
  • von mehr als 8 Jahren: 9 Monate


Die Kündigung muss schriftlich und spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats erfolgen.

Verwertungskündigung abwehren: Diese Rechte haben Mietende

Die Wirksamkeit einer Verwertungskündigung ist an strenge Voraussetzungen geknüpft. Auf diese Weise möchte der Gesetzgeber Mietende vor Immobilienspekulationen und einer Profitmaximierung der Vermietenden schützen.

Wer als Mieter bzw. Mieterin eine Verwertungskündigung erhält, sollte diese unbedingt sorgfältig auf eine ausführliche Begründung hin überprüfen. Bestehen Zweifel an der Wirksamkeit, kann die Kündigung mithilfe eines Rechtsbeistandes angefochten werden. Eine zuverlässige Wohnrechtsschutzversicherung hilft Betroffenen bei der Suche nach einer kompetenten Rechtsvertretung.

Ebenfalls zu beachten: Erfolgt die Kündigung aufgrund eines geplanten Abrisses, muss der Vermietende begründen, warum er die Immobilie nicht für erhaltenswert hält und welche baulichen Maßnahmen stattdessen in Planung sind (vgl. BGH-Urteil, Az.: VIII ZR 155/10). Wird dies unterlassen, ist die Kündigung unwirksam. Der Mietende hat im Gegenzug des Auszuges Anspruch auf eine Abfindung.

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Der eingestellte Blog-Beitrag wurde von unserer Partnerkanzlei ALEGOS Rechtsanwälte juristisch überprüft.

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