12.03.2018 – zuletzt aktualisiert am: 08.12.2021

Schlechtes Arbeitszeugnis: Was können Arbeitnehmer tun?

Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist nicht nur niederschmetternd. Es kann sich ebenfalls schlecht auf das nächste Bewerbungsverfahren auswirken. Praxiserfahrungen sind lange nicht so viel wert, wenn das Zeugnis nicht überzeugt und die eigenen Arbeitsleistungen in Frage gestellt werden.

Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist eine häufig genutzte Methode unzufriedener Arbeitgeber, die ihr Missfallen noch über die Kündigung hinaus zum Ausdruck bringen wollen. Rechtlich besteht jedoch ein Anspruch auf eine reale und wohlwollende Beurteilung. Deshalb gibt es Wege und Möglichkeiten ein schlechtes Arbeitszeugnis anzufechten und auf eine Korrektur zu bestehen.

Was ist ein Arbeitszeugnis?

Das Arbeitszeugnis ist eine Urkunde, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nach Beendigung einer Tätigkeit ausstellt. Darin werden die Leistungen, Erfolge sowie das Sozialverhalten des Arbeitnehmers in der vorherigen Beschäftigung beurteilt. Es gilt somit als eine objektive Bewertung dessen und stößt deshalb im Bereich des Personalwesens auf großen Anklang. Außerdem bestätigt ein Arbeitszeugnis bestenfalls die Angaben im Lebenslauf, indem es die Art und Dauer der Beschäftigung angibt.

In den meisten Fällen nutzt der ehemalige Arbeitgeber diese Form, um der persönlichen Wertschätzung dem Arbeitnehmer gegenüber Ausdruck zu verleihen. Ein sehr gutes Arbeitszeugnis beeinflusst nicht nur den Arbeitnehmer, sondern auch zukünftige Chancen auf neue Beschäftigungsangebote.

Einfaches und qualifiziertes Arbeitszeugnis: Wo liegt der Unterschied?

Das einfache und das qualifizierte Arbeitszeugnis sind in § 109 Abs. 1 der Gewerbeordnung festgehalten. Ein einfaches Arbeitszeugnis muss die Art und Dauer der Tätigkeit angeben. Wenn der Arbeitnehmer hingegen verlangt, dass Leistungen und Verhalten im Arbeitsverhältnis bewertet und integriert werden, handelt es sich um ein qualifiziertes Arbeitszeugnis.

Wer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis?

Jeder Arbeitnehmer hat nach § 630 BGB einen gesetzlichen Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, sofern das Beschäftigungsverhältnis geendet hat. Dieses muss vom Arbeitgeber ausgestellt werden. Demnach verlangen auch neue Arbeitgeber die Aushändigung aller Beurteilungen zu vorherigen Beschäftigungen.

Laut Gewerbeordnung muss ein Arbeitszeugnis sowohl wahr sein als auch wohlwollend. Während eines Beschäftigungsverhältnisses kann auch ein Zwischenzeugnis ausgestellt werden. Darauf besteht für den Arbeitnehmer jedoch nur in bestimmten Fällen ein gesetzlicher Anspruch.

Solch ein triftiger Grund liegt beispielsweise bei rechtlich relevanten Änderungen des Arbeitsverhältnisses vor, etwa wenn ein Vorgesetzter wechselt oder wenn eine Elternzeit, Versetzung oder Kündigung bevorsteht. Auch wenn das Zwischenzeugnis für bei Behördengängen oder Fortbildungen relevant ist, kann daraus ein Anspruch entstehen. Liegt ein derartiger triftiger Grund nicht vor, kann der Arbeitgeber dagegen eine Ausstellung verweigern.

Schon gewusst? Wurde das Arbeitszeugnis nicht innerhalb der ersten drei Jahre nach Beschäftigungsende eingefordert, entfällt der Anspruch.

Arbeitszeugnis: Wann ist es fällig?

Nach Ablauf der Kündigungsfrist, ist der Arbeitgeber spätestens dazu verpflichtet das Arbeitszeugnis auszuhändigen.

Tipp: Wer eine Kündigung einreicht, sollte im gleichen Zuge auch die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses verlangen und eine Frist von drei Wochen aussprechen.

Wird die Frist nicht eingehalten, sollte schriftlich mit einer neuen Frist von zusätzlichen zwei Wochen die Ausstellung verlangt werden. Kommt der Arbeitgeber auch dann der Aufgabe nicht nach, können die Ansprüche per Zeugnisklage geltend gemacht werden. Ein Fachanwalt für Arbeitsrecht unterstützt dabei. In manchen Fällen kann auch auf Schadensersatz geklagt werden, wenn ein fehlendes Arbeitszeugnis dazu beiträgt, dass die Jobsuche erfolglos bleibt.

Was muss in einem Arbeitszeugnis stehen?

Ein Arbeitszeugnis sollte für jeden Arbeitnehmer individuell erstellt werden. Diese haben das Recht ein neues zu verlangen, wenn für die Erstellung eine Vorlage genutzt wurde.

Das Arbeitszeugnis muss formal fehlerfrei, schriftlich, auf sauberem Papier gedruckt und vom Vorgesetzten oder dem Personalchef unterschrieben werden. Damit es korrekt ist, müssen Dauer und Art der Tätigkeit angegeben werden. Dass Leistungen und Sozialverhalten berücksichtigt und bewertet werden, kann vom Arbeitnehmer außerdem verlangt werden.

Eine Schlussformel ist zwar optional, es rückt das Arbeitszeugnis jedoch in ein negatives Licht, wenn diese fehlt. In diesem Teil werden der Trennungsgrund genannt, ein Dank, Bedauern sowie Zukunftswünsche ausgesprochen. Datiert ist es auf den letzten Arbeitstag. Ein Arbeitszeugnis sollte nicht mehr als drei Seiten lang sein oder Selbstverständlichkeiten enthalten. Und last, but not least: Eine zeitnahe Aushändigung nach maximal drei Wochen ist Pflicht.

Was darf nicht im Arbeitszeugnis stehen?

Aussagen über Krankheiten, Elternzeit, Schwangerschaften, Gehalt, Nebentätigkeiten oder Straftaten ohne Arbeitsbezug, haben im Arbeitszeugnis nichts zu suchen. Vielmehr sind sie sogar verboten. Ebenso wie Hinweise auf eine Mitgliedschaft im Betriebsrat, einer Partei oder der Gewerkschaft. Falls der Kündigungsgrund im Arbeitszeugnis enthalten ist, bedarf das der vorherigen ausdrücklichen Erlaubnis des Arbeitnehmers.

Wie schlecht darf ein Arbeitszeugnis sein?

Im November 2014 hat das Bundesarbeitsgericht beschlossen, dass ein Arbeitszeugnis mindestens mit der Note „befriedigend“ ausgezeichnet werden muss (BAG, 9 AZR 584/13). Sollte ein Arbeitszeugnis mit einer schlechteren Note benotet werden, ist dies vom Arbeitgeber zu begründen.

Schon gewusst? Möchte der Arbeitnehmer ein sehr gutes oder gutes Arbeitszeugnis, steht dieser hingegen in der Pflicht begründen zu können, warum seine Leistungen diese Noten rechtfertigen.

Arbeitszeugnis richtig lesen: Das sagen die Noten über die Leistung

Die Zeugnissprache kennt gewisse Formulierungen, die versteckte Negativbewertungen enthalten, obwohl sie zunächst einmal gut klingen. Wer den „Arbeitszeugnis-Geheimcode“ durchschaut, kann sein Zeugnis besser einordnen.

An die Formulierung „Er/Sie erfüllte seine/ihre Aufgaben“ schließt sich immer eine Bewertung an, die sich exakt in eine Schulnote übersetzen lässt:

  • stets zur vollsten Zufriedenheit bedeutet „sehr gut“ - Note 1.
  • zur vollsten Zufriedenheit oder stets zur vollen Zufriedenheit ist „gut“ - Note 2.
  • zur vollen Zufriedenheit steht für „befriedigend“ - Note 3.
  • zur Zufriedenheit ist nur „ausreichend“ - Note 4.
  • im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit bedeutet „mangelhaft“ - Note 5.
  • Er/Sie hat sich bemüht ist die schlechteste Beurteilung: „ungenügend“ - Note 6.

 

Schlechtes Arbeitszeugnis erkennen: Anhand dieser Formulierungen

Schlechte Arbeitszeugnisse sind nicht immer eindeutig. Oft sind negative Aussagen gut getarnt, denn Kritik ist verboten. Deshalb wird in einem negativen Arbeitszeugnis Kritik oft in Formulierungen versteckt. So scheinen sie auf Anhieb nett zu wirken und ohne die nötige Kenntnis wird zum Teil das schlechte Arbeitszeugnis gar nicht erst erkannt.

Tipp: Es lohnt sich immer das Arbeitszeugnis prüfen zu lassen. Profis oder Fachanwälte für Arbeitsrecht können geheime Botschaften und Verstöße gegen den Zeugnisbrauch aufdecken.

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihnen ein schlechtes Arbeitszeugnis untergejubelt wird, achten Sie einfach auf folgende Formulierungen und Merkmale:

Zweideutige Formulierungen lassen mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu. Ist das der Fall, ist meist die versteckte Kritik nicht weit.

  • „Sie erledigte alle Aufgaben, die wir ihr übertrugen, pflichtbewusst und ordnungsgemäß.“ - Aber leider nur diese Aufgaben. Eigeninitiative? Fehlanzeige!

 

Negative Formulierungen werden gerne durch ein „nicht“, „kein“ oder „nie“ positiv dargestellt. Sind sie aber nicht, denn wäre es nicht zu beanstanden, würde es auch nicht im Zeugnis stehen.

  • „Seine Zuverlässigkeit gab keinen Anlass zu Beanstandungen.“ – Oder doch?

 

Passive Formulierungen deuten an, dass eine Eigeninitiative des Arbeitnehmers vermisst und nur auf Anweisung gehandelt wurde. Das zeigt sich vor allem in der bloßen Aufzählung der Tätigkeiten, ganz ohne weitere Ausführungen.

Eine verdrehte Reihenfolge kann ebenfalls Anlass geben genauer auf das Arbeitszeugnis zu schauen. Das Umkehren der hierarchischen Reihenfolge von Aufgaben oder Aufzählungen soll zeigen, dass es Probleme mit Vorgesetzten oder bestimmten Aufgaben gab.

Ist das Arbeitszeugnis unvollständig, fehlen wichtige Projekte und Leistungen, kann das ebenfalls nachteilig ausgelegt werden. Ein oberflächliches Arbeitszeugnis sorgt schnell für Misstrauen. Gleiches gilt für einen kurzen Text. Ein gutes Arbeitszeugnis sollte eine gewisse Länge haben. Wird der Arbeitnehmer mit wenigen Worten vertröstet, spricht das für ein schlechtes Arbeitsverhältnis.

Weitere Arbeitszeugnis Formulierungen, auf die genauer geachtet werden sollte:

  • „Er verstand, alle Aufgaben stets mit Erfolg zu delegieren.“ - Bedeutet leider eher, dass er zu faul war, um Aufgaben selbst zu erledigen.
  • „Sie trat engagiert für die Interessen der Kolleginnen und Kollegen ein.“- Vorsicht, gewerkschaftlich organisiert, vielleicht sogar im Betriebsrat!
  • „Er hat alle Arbeiten mit großem Eifer erledigt.“ - Leider reicht Fleiß und Interesse nicht immer aus, wenn es am Ende nicht zum Erfolg führt.
  • „Sie zeigte im Umgang mit Kollegen und Vorgesetzten eine erfrischende Offenheit.“ - Mit anderen Worten: Sie ist vorlaut, frech und absolut respektlos.

 

Arbeitszeugnis anfechten: Vorgehen bei einem Widerspruch

Ein schlechtes Arbeitszeugnis ist ärgerlich und kann die Jobsuche erschweren. Klar ist: Eine schlechte Beurteilung muss nicht akzeptiert werden. Es besteht das Recht auf ein Arbeitszeugnis, das fair und wahrheitsgemäß ist. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten das Arbeitszeugnis anzufechten:

Den Chef oder die Personalabteilung direkt ansprechen. In vielen Fällen steckt keine Absicht hinter denkritischen Formulierungen, sondern lediglich Unwissenheit. Eine offene und möglichst zeitnahe Aussprache kann helfen mit einer konkreten Forderung das Arbeitszeugnis zu korrigieren.

Das Gespräch hat nichts gebracht? Wenn die Korrektur weiter auf sich warten lässt, kann ein schriftlicher Widerspruch eingelegt werden. Bestenfalls wird direkt eine weitere Frist von zwei Wochen gesetzt. Verstreicht diese Frist erneut ohne, dass ein Arbeitszeugnis ausgestellt wird, hilft ein Experte für Arbeitsrecht. Dieser unterstützt dabei, das Anliegen gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber zu vertreten oder Klage einzureichen. In diesem Fall macht sich eine Rechtsschutzversicherung bezahlt.

Unser Tipp: Berufsrechtsschutz

Viele Arbeitnehmer schrecken vor einem Rechtsstreit zurück, weil sie die Kosten scheuen. Mit einer Berufs-Rechtsschutzversicherung können Sie in jedem Fall ganz gelassen bleiben.

Mehr erfahren

Bewerben mit schlechtem Arbeitszeugnis? Einschlechtes Arbeitszeugnis weglassen - das ist keine ideale Lösung für Bewerbende, denn auch ein fehlendes Zeugnis wirft Fragen auf. Besser ist ein offener Umgang damit. Kommt es zum Vorstellungsgespräch gilt es vielmehr, den potentiellen neuen Arbeitgeber im persönlichen Gespräch durch ein reflektiertes Auftreten zu überzeugen. Man sollte zeigen, dass aus den Erfahrungen gelernt wurde.


Der eingestellte Blog-Beitrag wurde von unserer Partnerkanzlei ALEGOS Rechtsanwälte juristisch überprüft.

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