30.09.2024
Verdacht auf Behandlungsfehler: Welche Rechte haben Patienten?
Fehler sind menschlich. Doch wenn es sich dabei um einen ärztlichen Behandlungsfehler handelt, sind die Folgen oft gravierend. Was ein Behandlungsfehler ist und wie Betroffene im Falle der Fälle vorgehen sollten, fasst dieser Artikel zusammen.
Was ist ein Behandlungsfehler?
Der Begriff „Behandlungsfehler“ wurde durch den Bundesgerichtshof wie folgt definiert:
„Eine Handlung oder Unterlassung eines Arztes, die dem zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden medizinischen Standard zuwiderlief.“
Als „medizinischer Standard“ gilt das Verhalten, das von einem gewissenhaften Arzt/einer gewissenhaften Ärztin in der konkreten Behandlungssituation aus der berufsfachlichen Sicht des jeweiligen Fachbereiches vorausgesetzt und erwartet werden kann.
Typische Behandlungsfehler im rechtlichen Sinne sind ärztliche Maßnahmen, die:
- in Diagnostik bzw. Therapie unnötigerweise oder
- unter Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht
vorgenommen wurden, oder:
- notwendige ärztliche Maßnahmen, die unterlassen wurden.
Interessanter Exkurs: Was ist der Unterschied zwischen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht?
Behandlungsfehler im Krankenhaus: Wer muss was beweisen?
Grundsätzlich tragen zunächst Patientinnen und Patienten die Beweislast für einen Behandlungsfehler. Sie müssen nachweisen, dass der Behandlungsfehler tatsächlich ursächlich für den erlittenen Schaden war.
Es gibt jedoch eine Ausnahme. Stellt sich der Behandlungsfehler als besonders grob heraus, tritt eine sogenannte Beweislastumkehr ein (§ 630h BGB). In der Folge muss die betroffene ärztliche Fachkraft beweisen, dass der gleiche Schaden auch bei richtigem ärztlichem Handeln eingetreten wäre, oder dass der Behandlungsfehler nicht ursächlich für den Gesundheitsschaden war.
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: VI ZR 286/00) liegt ein grober Behandlungsfehler vor, wenn „ein Fehler vorliegt, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlichtweg nicht unterlaufen darf“.
Beispiele für einen groben Behandlungsfehler:
- Das Übersehen einer eindeutigen Fraktur auf einem Röntgenbild
- Vergessen von Operationsbesteck im Körper des Patienten/der Patientin
- Zu späte oder ausbleibende Überweisung zu einem bestimmten Fachbereich (z.B. Kardiologie) trotz eindeutiger Indikation
Checkliste: Was tun bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler?
- Gespräch suchen: Bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler sollten Betroffene zunächst das Gespräch mit ihrer behandelnden Ärztin/ihrem behandelnden Arzt suchen. Auch das Beschwerdemanagement des Krankenhauses erteilt weiterführende Informationen.
- Krankenkasse kontaktieren: Bei einem Erstgespräch mit der Krankenkasse erhalten Betroffene Informationen über ihre Patientenrechte sowie über den weiteren Ablauf der Beratung.
- Prüfung abwarten: Die Krankenkasse prüft, ob die vorgelegten Informationen vollständig und nachvollziehbar sind. Darüber hinaus ziehen Krankenkassen regelmäßig zusätzliche Informationen zum Versorgungsgeschehen heran, um den Behandlungsfehler nachweisen zu können.
- Gutachten des Medizinischen Dienstes: Bei einem begründeten Verdacht auf einen Behandlungsfehler wird der Medizinische Dienst mit einem Gutachten beauftragt. Dieses Gutachten stellt fest, ob ein gesundheitlicher Schaden vorliegt und ob ein Behandlungsfehler für diesen Schaden ursächlich sein kann.
- Klageweg: Zu guter Letzt können Betroffene Klage vor dem zuständigen Gericht einreichen.
Um einen langen Gerichtsprozess zu vermeiden, bietet sich ein Schlichtungsverfahren der Landesärztekammer an. Diese unterstützt Betroffene bei der außergerichtlichen Klärung eines Verdachts auf einen Behandlungsfehler.
Ob Klage oder Schlichtungsverfahren: Ein kompetenter Partner ist hier unerlässlich. Die DEURAG Privat-Rechtsschutzversicherung steht Betroffenen im Fall der Fälle zur Seite.
Schmerzensgeld bei Behandlungsfehler: Tabelle zur Übersicht
Nach einem Behandlungsfehler steht Betroffenen häufig ein Schmerzensgeld oder Schadenersatz zu. Wie hoch dieses ausfällt, hängt von den Umständen im Einzelfall ab. Die nachfolgende Tabelle zeigt beispielhaft die zugesprochene Summe aus ergangenen Urteilen.
Schaden | Höhe des Schmerzensgeldes |
Fehlerhafter Einsatz einer Hüftprothese | 25.000 Euro |
Unterlassene Thromboseprophylaxe | 30.000 Euro |
Fehlerhafte Krebsdiagnose | 3.000 Euro |
Schwarzen Hautkrebs übersehen | 104.000 Euro |
Inkomplette Querschnittslähmung nach Wirbelsäuleninjektion | 80.000 Euro |
Wer haftet für Behandlungsfehler?
Grundsätzlich haften Ärztinnen und Ärzte für Behandlungsfehler. Aus diesem Grund müssen sie sich über eine Berufshaftpflichtversicherung gegen etwaige Patientenforderungen absichern. Für Behandlungsfehler von angestellten Ärztinnen und Ärzten haften Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber als Gesamtschuldner. Stellt eine ärztlich behandelte Person eine berechtigte Forderung, müssen Praxisinhaber/Praxisinhaberin und angestellte Ärztin/angestellter Arzt diese Forderung begleichen und anschließend untereinander klären, wer welchen Anteil übernimmt.
Behandlungsfehler und Verjährung
Behandlungsfehler haben in der Regel Schadenersatzforderungen zur Folge. Diese zivilrechtlichen Ansprüche verjähren nach 3 Jahren (§ 195 BGB). Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in welchem der Anspruch entstanden ist und die geschädigte Person von den Umständen des Schadens Kenntnis erlangt hat. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Ansprüche aus Behandlungsfehlern, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren erst nach 30 Jahren. Und zwar unabhängig von der Kenntnis der geschädigten Person.
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