15.04.2024

Fahrerassistenzsysteme werden in 2024 zur Pflicht

Sie halten die Spur, überwachen den toten Winkel und bremsen das Fahrzeug ab: Fahrassistenzsysteme sorgen für mehr Sicherheit auf den Straßen – und werden ab Juli 2024 für Neuwagen verpflichtend. Welche Systeme fortan verbaut sein müssen und wie sie Autofahrende unterstützen, klärt dieser Artikel.

Was sind Fahrassistenzsysteme?

Bei sogenannten Fahrassistenzsystemen handelt es sich um elektronische Zusatzeinrichtungen in Kraftfahrzeugen. Sie sollen Autofahrende bei der Planung, Führung oder Stabilisierung von Fahrmanövern unterstützen, indem sie Informationen, Empfehlungen und Warnungen bereitstellen. Darüber hinaus können Fahrzeugsysteme im Bedarfsfall autonom oder teilautonom in Antrieb und Steuerung des Fahrzeugs eingreifen.

    Bekannte Fahrassistenzsysteme sind beispielsweise:

    • Anti-Blockier-System (ABS)
    • Notbremsassistent
    • elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP)
    • Müdigkeitswarner

    Wozu können Fahrerassistenzsysteme beitragen?

    Fahrassistenzsysteme bieten Autofahrenden vielfältigen Mehrwert. Zum einen erleichtern sie das Autofahren, indem sie bestimmte Fahrzeugfunktionen selbstständig ausführen. Beispielsweise die Scheibenwischautomatik. Zum anderen sorgen Systeme wie z.B. ein Abstandsregeltempomat für mehr Komfort auf langen Strecken.

    Der wesentliche Nutzen moderner Fahrassistenzsysteme ist jedoch die Erhöhung der Verkehrssicherheit. Ob ABS, ESP oder Notbremsassistent, in gefährlichen Situationen greifen Fahrassistenzsysteme aktiv ein und tragen zur Unfallvermeidung bei. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft erwartet aufgrund fortschreitender Technologien bis 2040 einen Rückgang der Unfallzahlen um 20 bis 30 Prozent.

      Fahrerassistenzsysteme-Pflicht: Was gilt ab Juli 2024?

        Zu einer ähnlichen Bewertung kommt auch die Europäische Union. Aus diesem Grund wurde am 5. Januar 2020 die EU-Verordnung Nr. 2019/2144 erlassen. Sie führt eine Vielzahl an Fahrassistenzsystemen nach einem festgelegten Zeitschema verpflichtend ein.

        Bereits seit 2022 müssen neu entwickelte Fahrzeugmodelle mit folgenden Assistenzsystemen ausgestattet sein, ab Juli 2024 gilt diese Pflicht auch für alle Neuwagen:

        • Geschwindigkeitsassistent: erkennt Verkehrszeichen und warnt, sofern die geltende Höchstgeschwindigkeit überschritten wird
        • Notbremslicht: Lichtsignalfunktion, welche hinter dem Fahrzeug fahrende Verkehrsteilnehmenden anzeigt, dass das vorausfahrende Fahrzeug stark bremst
        • Rückfahrassistent: Informiert Autofahrende über hinter dem Fahrzeug befindliche Objekte und Personen
        • Notbremsassistent: erkennt Gefahrensituationen und bremst das Fahrzeug selbständig ab
        • Spurhalteassistent: unterstützt Autofahrende beim Halten einer sicheren Fahrzeugposition in Bezug auf die Spur- und Straßenbegrenzung
        • Blackbox: speichert wichtige Fahrzeugdaten vor, während und nach einem Unfall. 
        • Müdigkeits- und Aufmerksamkeitswarner: zeichnet kontinuierlich die Augen-/Lidbewegungen des Fahrenden auf und warnt bei Müdigkeit mit einem akustischen und optischen Signal
        • Reifendrucküberwachung: warnt, sobald der Reifendruck zu stark von einem definierten Wert abweicht
        • Vorrichtung zum Einbau einer alkoholempfindlichen Wegfahrsperre: standardisierte Schnittstelle, die das Nachrüsten einer freiwilligen alkoholempfindlichen Wegfahrsperre erlaubt.

        Jetzt auch nachlesen: Die Haftung bei einem Unfall mit Carsharing-Fahrzeugen.

          Fahrassistenzsysteme Übersicht: Welche Fahrassistenzsysteme gibt es?

          Fahrassistenzsysteme können anhand ihrer Aufgaben in fünf Kategorien eingeteilt werden.

          Kategorie

          Beispielhafte Assistenzsysteme

          Bremsassistent und Längsführung

          Antiblockiersystem (ABS), Kollisionswarner, Abbiegeassistent, Park Distance Control

          Spurhalteassistenten und Querführung

          Antriebsschlupfregelung, elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP), Spurhalteassistent

          Insassen- und Fahrerinformation

          Müdigkeitsassistent, Notbremslicht

          Licht und Sicht

          Adaptives Fernlicht, Scheibenwischautomatik, Nachtsichtassistent

          Automatisierungsfunktionen

          Spurführungsassistent, Parkassistent, adaptive Geschwindigkeit

            Wer haftet, wenn ein Unfall aufgrund eines Fahrerassistenzsystems passiert?

            Führt ein nicht oder nur fehlerhaft funktionierendes Fahrassistenzsystem zu einem Unfall, stellt sich die Frage nach der Haftung. Denn ist ein Defekt oder eine Fehlfunktion ursächlich, könnte der Fahrzeughersteller in Haftung genommen werden.

              In der Praxis ist ein solches Vorkommnis juristisch komplex. Bereits der Betrieb eines Kraftfahrzeugs an sich stellt eine Gefahrenquelle dar. Nach § 7 Abs. 1 StVG ist der oder die Haltende eines Kraftfahrzeugs grundsätzlich verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, der beim Betrieb des Fahrzeugs entsteht. Diese Haftung ist verschuldensunabhängig, das bedeutet, es kommt nicht darauf an, ob die Halterin oder den Halter ein Verschulden trifft oder nicht​.

              Ein Beispiel: Person A parkt ihren PKW an einem Hang und zieht die Handbremse ordnungsgemäß an. Allerdings reißt das Handbremsseil und das Fahrzeug rollt auf einen anderen PKW. Obwohl Person A keine Schuld trifft, haftet sie für den entstandenen Schaden.

              Bei einem Unfall aufgrund eines defekten Fahrassistenzsystems stellt sich die Frage, ob auch hier die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung greift. Mit dieser Thematik beschäftigte sich das OLG Frankfurt/Main im Jahr 2020 (Az.: 23 U 120/20). Geklagt hatte eine Fahrerin, deren Mercedes aufgrund eines defekten Bremsassistenten abrupt abbremste. Infolgedessen fuhr das dahinterfahrende Fahrzeug, das nachweislich den erforderlichen Abstand unterschritten (35 m statt 50 m) hatte, auf. Die Klägerin forderte vollen Schadenersatz.

              Das OLG Frankfurt/Main sprach ihr lediglich 2/3 aller ihrer geltend gemachten Schadenersatzforderungen zu. Denn das Gericht stellte auch bei der Klägerin einen Verursachungsbeitrag fest, da diese ohne ersichtlichen Grund abgebremst hatte. Ob ihr dabei ein Verschulden vorzuwerfen ist, war für das Gericht an dieser Stelle unerheblich. Der Beklagte dagegen hatte keinen ausreichenden Abstand eingehalten, was seinen Verursachungsbeitrag darstellte. Die Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge führte für das Gericht zu einer Schadensverteilung von 2/3 zu Lasten der Beklagten und zu 1/3 zu Lasten der Klägerin.

              Wie vergleichbare Verfahren zukünftig ausgehen, ist ungewiss. Betroffene sollten jedoch stets einen erfahrenen Rechtsbeistand zu Rate ziehen. Die DEURAG-Verkehrsrechtsschutz hilft bei der Suche nach einem kompetenten Anwalt.

              Zum Weiterlesen: Das richtige Verhalten bei einem Unfall & ist ein Schuldanerkenntnis nach einem Unfall sinnvoll?

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