04.05.2020 – zuletzt aktualisiert am: 20.02.2024

Pflege von Angehörigen bei Selbstständigkeit – Wie geht das?

Wer selbstständig ist, macht keine Kompromisse. Einen Auftrag ablehnen? Eher wird der Urlaub noch einmal verschoben. Doch was passiert, wenn ein nahestehender Mensch erkrankt und pflegebedürftig wird? Die Vereinbarkeit von Pflege und Selbstständigkeit scheint schnell an ihre Grenzen zu stoßen. Dennoch sollten Selbstständige ihre Möglichkeiten kennen. Welche staatlichen Zuschüsse es gibt und wie sich die Pflegezeit auf die Renten- bzw. Sozialversicherung auswirkt, zeigt dieser Artikel.

Muss man Angehörige pflegen?

Pflicht zur häuslichen Pflege

Eine Pflicht zur tatsächlichen Ausübung der Pflege existiert in Deutschland nicht. Zwar kann die häusliche Pflege von Bekannten, Freunden und Verwandten übernommen werden, gesetzlich vorgeschrieben ist dies jedoch nicht.

Pflicht zur Übernahme der Pflegekosten

Verwandte sind einander zu Unterhalt verpflichtet. Die gesetzliche Grundlage bildet der § 1601 BGB. Darin heißt es:

„Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.“

Sofern:

  • die zu pflegende Person bedürftig i.S.d. § 1602 BGB ist und
  • der selbstständige Verwandte i.S.d. § 1603 BGB ausreichend leistungsfähig ist,

 

sind Verwandte in gerader Linie per Gesetz dazu verpflichtet, für die Pflege eines pflegebedürftigen Angehörigen zu sorgen. In gerader Linie sind Personen verwandt, die voneinander abstammen, also beispielsweise Vater und Sohn. Nicht unterhaltspflichtig sind hingegen Geschwister, Schwiegerkinder sowie Enkel.

Reicht weder das Geld aus der gesetzlichen Pflegekasse, noch die Rente oder das Vermögen des Pflegebedürftigen zur Kostendeckung aus, können nahe Verwandte in die Pflicht genommen werden, sofern ihre finanziellen Möglichkeiten dies zulassen. Bei der Beurteilung werden das Einkommen, das Vermögen sowie die eigene Altersvorsorge und die individuellen Familienverhältnisse berücksichtigt. Die Einkommensgrenze liegt seit dem 1. Januar 2020 bei 100.000 brutto.

In der Düsseldorfer Tabelle wird zum Elternunterhalt unverändert darauf hingewiesen, dass den Unterhaltspflichtigen ein angemessener Eigenbedarf zusteht. Bei der Festlegung dieses Eigenbedarfs müssen der Zweck und die rechtlichen Grundsätze des Angehörigenentlastungsgesetzes berücksichtigt werden, das am 10. Dezember 2019 verabschiedet wurde (BGBl I S. 2135) und darauf abzielt, unterhaltspflichtige Angehörige in der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe zu entlasten.

Hinweis: Auch Ehegatten sind einander unterhaltspflichtig. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 27.04.2016 (Az. XII ZB 485/14) entschieden.

In diesem Zusammenhang interessant: Pflegekosten steuerlich absetzen.

Finanzielle Unterstützung für pflegebedürftige Personen vom Staat

Pflegebedürftige Personen haben gem. § 37 SGB XI einen Anspruch auf Zahlung von Pflegegeld oder einer Pflegesachleistung. Das Pflegegeld wird als monatliche Sozialleistung immer dann von der Pflegeversicherung gezahlt, wenn die Pflege selbst sichergestellt wird – zum Beispiel bei einer Pflege durch selbstständige Angehörige. Die Höhe des Pflegegeldes bzw. der Pflegesachleistung hängt vom Pflegegrad des Pflegebedürftigen ab:

Pflegegrad

Pflegegeld pro Monat

Pflegesachleistung pro Monat

Pflegegrad 1

0 Euro

0 Euro

Pflegegrad 2

332 Euro

761 Euro

Pflegegrad 3

573 Euro

1.432 Euro

Pflegegrad 4

765 Euro

1.778 Euro

Pflegegrad 5

947 Euro

2.200 Euro

 

Eine Alternative zur häuslichen Pflege ist die Betreuung in einer Pflegeeinrichtung. Die Pflegekosten übernimmt die Pflegeversicherung. Weitere Kosten, wie beispielsweise die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, muss der Pflegebedürftige selbst bzw. dessen Angehörige tragen. Dazu jetzt auch unseren Beitrag über die Pflegeheimkosten entdecken.

Angehörige pflegen: Unfallversicherung der Pflegeperson

Arbeitsunfälle von Selbstständigen werden von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt – sofern sich der Selbstständige über die Berufsgenossenschaft freiwillig versichert hat. Bei selbstständigen Pflegepersonen ist diese freiwillige Versicherung nur unter Umständen erforderlich. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII sind selbstständige Pflegepersonen i.S.d. § 19 SGB XI per Gesetz in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, sofern sie mindestens 14 Stunden pro Woche für den Pflegebedürftigen tätig sind. Versichert sind:

  • Tätigkeiten im Bereich der Körperpflege
  • Tätigkeiten im Bereich der Ernährung und Mobilität 
  • Tätigkeiten im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung

 

Zuständig ist der jeweilige Unfallversicherungsträger im kommunalen Bereich (§ 129 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII).

Selbstständig und Pflegeperson: Informationen zu Ansprüchen auf Leistungen zur sozialen Sicherung

Selbstständige Pflegepersonen haben Ansprüche auf Leistungen zur sozialen Sicherung wie beispielsweise Leistungen in Bezug auf die Renten-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung durch die Pflegeversicherung. Dies gilt jedoch nur, wenn:

  • Die Pflegeperson eine oder mehrere Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 bis 5 in deren häuslicher Umgebung versorgt 
  • Die Versorgung nicht erwerbsmäßig erfolgt
  • Die Versorgung mindestens zehn Stunden pro Woche, verteilt auf regelmäßig zwei Tage die Woche, umfasst

 

Die Höhe der Zusatzzahlung richtet sich nach dem Pflegegrad und der bezogenen Leistungsart der gepflegten Person und beträgt im Westen Deutschlands zwischen 115,66 und 611,94 Euro im Bereich volle ambulante Sachleistung und im Osten Deutschlands zwischen 110,74 und 585,90 Euro.

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