09.11.2023

Gehaltskürzung: Wann ist sie zulässig?

Ein Fehler, eine langfristige Erkrankung oder eine schlechte Wirtschaftslage: Viele Beschäftigte sind sich unsicher, in welchen Fällen ihr Gehalt gekürzt werden darf. Die Gesetzgebung nennt einige Fälle, die eine Gehaltskürzung rechtfertigen. Welche dies sind und wie sich Angestellte gegen eine unzulässige Lohnkürzung wehren können, erklärt dieser Artikel.

Gründe für eine Gehaltskürzung: Wann ist eine Lohnkürzung zulässig?

Grundsätzlich erfordert eine Gehaltskürzung die Zustimmung der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers. Eine Ausnahme besteht, sofern im Arbeits- oder Tarifvertrag das Recht zur einseitigen Gehaltskürzung durch den Arbeitgeber vereinbart wurde. Daraus folgt ebenfalls, dass eine Gehaltskündigung ohne Ankündigung unzulässig ist.

Darüber hinaus kennt der Gesetzgeber folgende Ausnahmefälle, in denen eine Lohnkürzung unter Umständen erlaubt ist.

Gehaltskürzung bei Krankheit

Beschäftigte erhalten auch bei krankheitsbedingten Fehltagen ihren vertraglich vereinbarten Arbeitslohn. So will es das Entgeltfortzahlungsgesetz. Allerdings beschränkt sich die Entgeltfortzahlung auf einen Zeitraum von maximal sechs Wochen. Ist die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer anschließend mindestens sechs Monate am Stück wieder arbeitsfähig, kann aufgrund derselben Erkrankung erneut bis zu sechs Wochen Entgeltfortzahlung verlangt werden.

Ein Beispiel: Person A erleidet einen komplizierten Beinbruch und ist sechs Wochen lang arbeitsunfähig. A hat für diese 6 Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. A muss jedoch drei Wochen nach Ende der Entgeltfortzahlung erneut am Bein operiert werden. Nun hat A keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung, da der Anspruch aufgebraucht ist und A zwischenzeitlich keine sechs Monate lang arbeitsfähig war. Folglich muss der Arbeitgeber den vertraglich vereinbarten Lohn nicht mehr zahlen.

Wissenswert: Was gilt für eine Lohnfortzahlung nach einem Sportunfall?

Eine Gehaltskürzung bei schlechter Wirtschaftslage ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Ein schlechtes Quartal des Unternehmens begründet keine Lohnkürzung. Stellt die Wirtschaftslage jedoch eine ernsthafte Bedrohung für das Fortbestehen des Betriebes dar, sind Kürzungen des Gehalts zulässig. Jedoch nur, sofern alle Beschäftigten gleichermaßen von den Gehaltskürzungen betroffen sind. Das Kürzen von Gehältern einzelner Teamkräfte stellt eine unrechtmäßige Benachteiligung dar. Auch ist das Unternehmen nachweispflichtig für die Bedrohung des Fortbestehens des Betriebes ohne Lohnkürzung.

Fehler oder schlechte Ergebnisse rechtfertigen zunächst keine Gehaltskürzung, denn Angestellte sind in der Regel nicht zum Erfolg verpflichtet. Zulässig ist eine Gehaltskürzung jedoch, sofern eine deutliche und nachweisbare Schlechtleistung über einen längeren Zeitraum vorliegt. In einem solchen Fall muss die Teamkraft jedoch zunächst auf ihre schlechte Leistung hingewiesen und eine Verbesserung gefordert werden. Bleibt diese aus, kann der Arbeitgeber das Gehalt kürzen.

Wer vertragswidrig zu wenig oder gar nicht arbeitet, sammelt sogenannte Minusstunden. Diese können in den folgenden Wochen oder Monaten ausgeglichen werden. Erfolgt ein solcher Ausgleich jedoch nicht, ist eine Lohnkürzung möglich. In der Praxis müssen Beschäftigte dann häufig einen Teil ihres Lohns zurückzahlen.

Achtung: Eine derartige Lohnkürzung bei Minusstunden ist nur dann zulässig, wenn die Teamkraft sich ihre Arbeitszeit frei einteilen konnte. Wurden Minusstunden gesammelt, weil das Unternehmen nicht für eine ausreichende Beschäftigung gesorgt hat, befindet sich der Arbeitgeber im sog. Annahmeverzug und das Gehalt darf gem. § 615 BGB nicht gekürzt werden.

Lese-Tipp: Was Arbeitnehmende zum Annahmeverzug wissen müssen.

Gehaltskürzung bei internem Wechsel bzw. Versetzung

In vielen Arbeitsverträgen ist festgehalten, dass Beschäftigte innerhalb des Betriebes mit neuen Aufgaben betreut – also versetzt – werden können. Im Rahmen einer Versetzung darf jedoch nicht gleichzeitig der Lohn gekürzt werden. Eine Lohnkürzung ist nur mit dem Einverständnis der betroffenen Teamkraft möglich. Das Gleiche gilt auch bei Lohnkürzungen nach einer vorherigen Gehaltserhöhung.

Beispiel: Eine Arbeitnehmerin hat eine Sonderaufgabe übernommen und dafür eine Gehaltserhöhung erhalten. Nachdem die Sonderaufgabe erledigt ist, will der Arbeitgeber das Gehalt wieder kürzen. Dagegen kann die Arbeitnehmerin sich wehren.

 

Hat eine Teamkraft dem Unternehmen vorsätzlich oder grob fahrlässig Schaden zugefügt, dürfen etwaige Schadenersatzansprüche mit dem Lohn verrechnet werden. Der Gesetzgeber spricht in diesem Zusammenhang von einer „Aufrechnung“.

Beispiel: Aus Wut über eine ausbleibende Beförderung hat Person B seinen Arbeitscomputer im Wert von 1.000 EUR zerstört.

Derartige Schäden können vom Gehalt abgezogen werden, jedoch nur bis zur Pfändungsfreigrenze.

Zu viel gezahltes Gehalt darf vom Unternehmen ebenfalls im nächsten Monat vom Lohn abgezogen werden. Auch hier sind die Pfändungsfreigrenzen zu beachten.

Gehaltskürzung bei einer Änderungskündigung

Auch außerhalb der o.g. Ausnahmefälle ist eine Gehaltskürzung möglich, beispielsweise in Form einer sogenannten Änderungskündigung.

Dabei kündigt das Unternehmen einer Teamkraft und bietet ihr eine neue Beschäftigung mit geringeren Bezügen an. Nimmt die angestellte Person das Angebot an, wird das Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen fortgesetzt. Lehnt sie es ab, ist es gekündigt.

Eine Änderungskündigung ist jedoch an Voraussetzungen geknüpft:

  • Es muss ein Kündigungsgrund vorliegen.
  • Die Vertragsänderungen müssen unbedingt erforderlich sein.
  • Die neuen Konditionen müssen klar definiert sein.
  • Sofern ein Betriebsrat existiert, ist dieser zu informieren.

Gehaltskürzung: Wie hoch darf sie sein?

Es gibt keine feste oder einheitliche Regelung, wie hoch eine Gehaltskürzung ausfallen darf. Grundsätzlich herrscht zwischen Arbeitgeber und Angestellten Vertragsfreiheit. Sie können sich folglich frei einigen, wie hoch die Gehaltskürzung sein soll.

Gehaltskürzung durch Arbeitgeber: Wie können Beschäftigte reagieren?

Wer sich mit der Ankündigung oder einer bereits erfolgten Lohnkürzung konfrontiert sieht, dem stehen verschiedene Optionen zur Verfügung:

  • Zunächst das Gespräch mit einer vorgesetzten Person gesucht werden, um den Sachverhalt zu klären. Ist eine einvernehmliche Lösung nicht möglich, können Beschäftigte verschiedene rechtliche Schritte unternehmen.
  • Im nächsten Schritt kann ein juristischer Beistand kontaktiert werden. Dieser fordert den Arbeitgeber schriftlich zu einer Stellungnahme und ggf. zu einer Rücknahme der Lohnkürzung auf.
  • Hat auch dieses Vorgehen keinen Erfolg, können Betroffene eine einstweilige Verfügung beim zuständigen Arbeitsgericht beantragen, um die Gehaltskürzung vorübergehend zu stoppen. Sind der betroffenen Person durch die Lohnkürzung bereits Schäden entstanden – beispielsweise in Form von unrechtmäßigen Verdienstausfällen – kann dieser Schadenersatzansprüche gegen seinen Arbeitgeber geltend machen.

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